Vorschlag Plan Examensvorbereitung
Sie haben das Erste Juristische Staatsexamen vor Augen, wissen aber noch nicht genau, was da auf Sie zukommt und wie Sie sich bei der Vorbereitung verhalten sollen? Das ist normal. Denn einen Königsweg gibt es nicht, und einen solchen Königsweg kann auch das vorliegende Skript nicht bieten. Im Gegenteil: Wer verkündet, ganz genau zu wissen, was es mit dem Staatsexamen auf sich habe und wie man alles bis ins Detail zu gestalten habe, der sollte mangels Glaubwürdigkeit von vornherein aus dem Kreis möglicher persönlicher Berater sofort wieder ausgeschlossen werden.
Die Examensvorbereitung ist eine sehr persönliche Angelegenheit. Nicht jeder Arbeitsplan passt also zu jedem Studierenden. Im Folgenden wird daher nur eine von mehreren Möglichkeiten vorgestellt, die Zeit der Vorbereitung auf das Erste Juristische Staatsexamen einzuteilen. Diese Zeitspanne wird hier mit 18 Monaten veranschlagt.
Wenn also auch alternative Pläne sehr gut denkbar sind, so hat doch der hier vorgestellte Plan immerhin den Vorteil, seine Plausibilität und Praktikabilität bereits vielfach unter Beweis gestellt zu haben. Aber wie gesagt: Wenn Sie von diesem Vorschlag nicht wirklich überzeugt sind, wählen Sie einen anderen Plan!
Der im Folgenden vorgestellte Zeit- und Arbeitsplan geht von folgenden Grundannahmen und Erfahrungen aus:
- Neben die Zeit des Lernens hat täglich eine ausreichende Zeitspanne zu treten, die der körperlichen und seelischen Entspannung dient. Andernfalls droht eine völlig kontraproduktive Verkrampfung. Aus diesem Grund wird an dieser Stelle dringendst empfohlen, die maximale Arbeitszeit pro Tag auf 6 Stunden zu begrenzen (mitten in der intensivsten Zeit ist ausnahmsweise eine temporäre (!) Aufstockung auf insgesamt 7Stunden täglich möglich). Länger kann ohnehin kein Mensch konstruktiv lernen. Am Anfang der Vorbereitungszeit, wo nach dem hier vorgestellten Vorschlag das besonders anspruchsvolle und nervenzehrende zivilrechtliche Basiswissen erarbeitet und repetiert werden soll, ist die Arbeitszeit sinnvollerweise auf maximal 4 Stunden pro Tag zu begrenzen. Insgesamt gilt: Tagsüber wird gelernt, am späten Nachmittag wird Sport getrieben und Entspannung geübt (Autogenes Training!), abends wird gelebt.
- Selbstverständlich kann der nachfolgend entwickelte Plan nicht täglich exakt eingehalten werden, sondern bedarf des flexiblen Managements. Denn es wird sich – bei einem Studium an der LMU München – insbesondere empfehlen, den an einigen Nachmittagen angebotenen verblockten Examenskurs Zivilrecht zu besuchen. Ebenfalls werden während der Examensvorbereitung Wahlfach-/Schwerpunktveranstaltungen zu besuchen sein. Wichtig ist aber, dass man sich weitgehend sklavisch an die einmal eingeplante Zeiteinteilung bezüglich der einzelnen Rechtsgebiete hält, weil man sonst insgesamt ins Schleudern kommt. Dies bedingt eine möglichst detaillierte zeitliche Parzellierung der einzelnen Gebiete. Wenn man also weiß, dass man im ersten Stoff-Durchlauf 8 Wochen Lernen/Repetieren für das Besondere Schuldrecht hat (was nicht viel ist), so wird man hiervon jeweils eine sehr engagierte und konzentrierte Woche auf das Kaufrecht und das Bereicherungsrecht verwenden und sich auch im Übrigen sehr prägnant fassen müssen. Dieses Beispiel zeigt schon, dass Vollständigkeit im Examen kein Ziel sein kann, sondern dass die wesentliche Fähigkeit darin bestehen muss, das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden. Dies ist gleichzeitig schon eine gute Schule für die Zeiteinteilung in der realen Klausur.
- Der nachfolgend dargestellte Lernplan stellt den universitären Schwerpunktbereich incl. der Universitätsprüfung nur rudimentär ein, da die tatsächlichen Gegebenheiten von Universität zu Universität und auch von Schwerpunkt zu Schwerpunkt stark differenzieren und sich daher einer generalisierenden Erfassung entziehen. Insgesamt wird man sagen müssen, dass die Schwerpunkte im Verhältnis zum bisherigen Examensaufwand eine zusätzliche quantitative Größe bilden, d.h. es muss insgesamt noch etwas mehr gelernt werden als nach dem nachfolgenden Plan. Innerhalb des nachfolgenden Planes kann man dafür das bisherige Wahlfach streichen. Dem erhöhten Arbeitsaufwand dürften nach hier vertretener Überzeugung bessere Noten als beim bisherigen Voll-Examen gegenüberstehen, so dass sich der Aufwand dann lohnt.
- Der Examenserfolg hängt so gut wie vollständig ab von einer Kombination aus deduktivem Vorgehen (systematisches Lernen anhand des wissenschaftlichen Lehrbuchs) und induktivem Vorgehen (ständige fünfstündige Probeklausuren unter Examensbedingungen; Vertiefung des Wissens anhand von Fallsammlungen wie z.B. „Prüfe Dein Wissen“). Mit den Übungsklausuren ist sofort bei Eintritt des Erlernens/Repetierens eines bestimmten Faches zu beginnen, und die Klausuren sind unter allen Umständen unter Examensbedingungen zu schreiben und dann zur Korrektur abzugeben. Wenn es vier Mal nicht klappt mit der Note, wird es eben beim fünften Mal oder notfalls noch später klappen. Ohne eine Anzahl von mindestens 50 geschriebenen und korrigierten Probeklausuren (verteilt auf alles Gebiete) kann ein Examen nicht bestanden werden. Das – psychologisch verständliche, aber examenstechnisch katastrophale – Unterlassen des Klausurschreibens ist im Examen die Misserfolgsursache Nummer 1.
- Schon Konfuzius (551 v. Chr. - 479 v. Chr.) sagt: „Erklär´s mir - und ich vergesse es; zeig´s mir - und ich verstehe es; involviere mich - und ich weiß es.“ Daraus lernen wir viel Wesentliches. Zunächst einmal: Den Repetitor mit seinen akustisch ausgerichteten Wissensvermittlungen brauchen Sie nicht, der kostet nur Zeit, ohne Ihnen didaktisch zu nützen. Wäre es anders, würde nicht – bei momentan ca. 90% Repetitor-Teilnehmerquote – die Durchfallquote im Staatsexamen kontinuierlich extrem hoch sein, und überhaupt: Der Repetitor prüft im Staatsexamen nicht und kennt das Examen daher nur vom Hörensagen. Weiter lernen wir: Sie müssen beim Lernvorgang so viel wie möglich selbst in die Hand nehmen, im wörtlichen Sinn. Nur Bücher-Lesen allein bringt nichts, Sie müssen sich alles Wichtige herausschreiben in eigene Skripten für das jeweilige Fach. Diese Skripten können Sie dann nach und nach ergänzen, und vor allem: Den zweiten, dritten und vierten Durchlauf durch den Stoff unternehmen Sie anhand Ihrer eigenen Skripten und sehen in Büchern oder Kommentaren nur noch kurz das nach, was Ihnen aus Ihrem Skriptum heraus unklar ist.
- In der Examensvorbereitung simulieren Sie bei jedem neu in Angriff genommenen Fach, dass Sie von dem Fach jeweils noch gar nichts wüssten (was in einigen Fächern stimmen wird, in anderen dagegen nicht, hoffentlich jedenfalls). Auf jeden Fall also erarbeiten Sie sich jedes Fach (wieder) von Anfang an! Das gilt insbesondere für die ersten drei Bücher des BGB, die Sie anhand guter Lehrbücher von Anfang bis Ende durchackern. Bezüglich der Lehrbücher gilt: Wenn Sie mit Ihren im bisherigen Studium herangezogenen Lehrbüchern gut klargekommen sind, bleiben Sie jeweils bei diesen Büchern, arbeiten diese aber wie gesagt noch einmal von vorn bis hinten durch. Wenn Sie zu jeweils anderen Lehrbüchern tendieren (dies können, wenn es denn unbedingt sein muss, auch Repetitoren-Skripten sein), orientieren Sie sich an Ihren spezifischen Vorlieben. Den meisten Studierenden dienen kurze, prägnante Lehrbücher (Köhler, BGB - Allgemeiner Teil; Brox/Walker, Schuldrecht…), am meisten, punktual ergänzt durch ausführliche Lehrbücher (Larenz bzw. Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts…). Besonders bewährt hat sich das Parallel-Lesen des jeweils gerade Gelernten anhand eines guten Kommentars (Palandt; Jauernig…). Jedenfalls bei den Nebengebieten ist die Kürze eines Lehrbuchs von größtem Wert, weil sich die Nebengebiete sonst nicht in einen vernünftigen Zeitplan integrieren lassen.
- Beachten Sie bitte unbedingt, dass in der JAPO (bzw. in den außer-bayerischen Ländern in deren Prüfungsordnung) für jedes Rechtsgebiet stoffliche Einschränkungen vorgenommen werden, was die scheinbar uferlose Fülle des Examensstoffes in vielen Bereichen sehr gut eingrenzbar macht.
- Stichwort Freischuss: Wer früh genug mit der Examensvorbereitung beginnen kann, sollte den Freischuss nicht versäumen. Wer dagegen schlecht vorbereitet in den Freischuss geht, wird ein psychisches Waterloo erleben, denn auch wenn man sich vorher – was ganz falsch ist - gesagt hat, der Freischuss sei einfach ein unbezahlter Klausurenkurs, so stürzt einen doch erfahrungsgemäß das reale Scheitern in ein seelisches Loch sondergleichen.
- In der ersten Phase der Examensvorbereitung wird eine Klausur pro Woche geschrieben (Zivilrecht), in den späteren Examensphasen – nicht jedoch mehr in den letzten beiden Monaten - werden zwei Klausuren pro Woche geschrieben (eine Zivilrecht, eine abwechselnd Öffentliches Recht und Strafrecht). An den Klausurtagen wird nichts mehr zusätzlich gelernt, das bringt nichts. Ein Tag pro Woche, sinnvollerweise der Sonntag, bleibt völlig frei von allem Juristischen.
- Entgegen allen Unkenrufen seitens der Repetitoren spielen Meinungsstreitigkeiten in den Examensklausuren nur eine völlig untergeordnete Rolle. Mit den Meinungsstreitigkeiten werden Sie sich in Ihrer Dissertation befassen, in der Klausur geht es um eine knallharte Subsumtionstechnik anhand der rechtlichen Grundlagen. Auch die Kenntnis möglichst vieler Urteile ist im Examen nicht ausschlaggebend, niemand kann ja die ganze heutige Judikatur überblicken. Natürlich werden Sie die Mephisto-Entscheidung kennen, aber Einzelheiten der BGH-Rechtsprechung zum sittenwidrigen Ratenkredit brauchen Sie nicht zu wissen. Sie erarbeiten sich die Klausurlösung direkt aus dem Gesetz; hier liegt eine der wesentlichen Fehlerquellen im realen Examen, dass nämlich in den Klausurbearbeitungen unstrukturierte Passagen ohne konkreten Gesetzesbezug aneinandergereiht werden (wir machen Jura, nicht Sozialkunde!).
- Während der laufenden realen Examensklausuren lernen Sie um Himmels Willen nicht mehr nach den jeweils geschriebenen Klausuren („Ich bereite mich noch für morgen vor“), das führt sofort in den Abgrund. Keinesfalls auch beteiligen Sie sich unmittelbar nach der Klausur oder aber vor der Bekanntgabe der Noten an den unseligen Diskussionen über den Stoff der einzelnen Klausuren („Mensch, gut, dass ich die actio pro socio erkannt habe“). Niemand außer den Prüfern kennt die Lösungsskizze, und selbst wer die Lösungsskizze kennen würde, wüsste nicht, ob auch real nach dieser Skizze korrigiert wird, denn oftmals ergibt die Korrekturpraxis, dass andere als die in der Lösungsskizze vorgeschlagenen Lösungen noch zielführender sind. Daher hat sich auch schon mancher Repetitor bei seinen noch während des laufenden Examens angebotenen „Ich-zeig-Euch-was-in-der-Klausur-dran-war-Kursen“ bis auf die Knochen blamiert. Meiden Sie solche psychologischen Negativ-Erlebnisse unter allen Umständen.
Hier nun also Knoches Examensplan. Viel Glück und Erfolg im Examen!
1 - 6 | 7 - 9 | 10 | 11 - 13 | 14 - 15 | 16 - 17 | 18 | |
Vormittags 4 Stunden |
BGB I – III je ca. 5 Wochen für BGB-AT, Allgemeines Schuldrecht und Sachenrecht, ca. 8 Wochen für Besonderes Schuldrecht; 1 Klausur pro Woche |
ÖR Sie beginnen am besten mit Kommunal-recht, lernen dann Sicherheits- und Baurecht, danach VwGO, dann VwVfG, am Ende Staatsrecht und Europarecht; 1 Klausur pro Woche |
Strafrecht Je 2 Wochen StGB AT und StGB BT; alle 2 Wochen 1 Klausur (abwechselnd mit ÖR) |
Nebengebiete nacheinander möglichst prägnant.
BGB IV und V, ZPO, StPO, HGB, Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht |
Wahlfach/ Schwerpunktfach nach Möglichkeit zeitliche Begrenzung auf 3 Stunden täglich, um eine Stunde Lernzeit pro Tag einzusparen (bereits eine Stunde Wiederholung und Vertiefung am Vormittag) |
Zweiter, dritter und nach Möglichkeit auch vierter Gesamtdurchlauf durch den Stoff anhand der selber angefertigten Skripten (zweiter Durchlauf 4 Wochen, dritter Durchlauf 2 Wochen, vierter Durchlauf 1 Woche) | Zur Nervenberuhigung bis zu 2 Stunden täglich Schwerpunkt-Wiederholung, keine Klausuren mehr |
Nachmittags 2 Stunden, in der mittleren Vorbereitungsphase temporär (!) Aufstockung auf 3 Stunden möglich |
BGB I – III Wiederholung und Vertiefung („Prüfe Dein Wissen“; „Medicus, BR“ u.ä.); 1 Klausur pro Woche |
BGB I – III Wiederholung und Vertiefung (1 Std.); 1 Klausur pro Woche
ÖR |
BGB I – III Wiederholung und Vertiefung (1 Std.); 1 Klausur pro Woche
ÖR
Strafrecht; Wiederholung und Vertiefung (1 Std.); alle 2 Wochen 1 Klausur (abwechselnd mit ÖR) |
BGB I – III Wiederholung und Vertiefung (1 Std.); 1 Klausur pro Woche
ÖR
Strafrecht |
Wie Vormittag in dieser Phase unter allen Umständen Begrenzung der täglichen Arbeitszeit auf maximal 6 Stunden; im 16. Monat noch bis zu 2 Klausuren pro Woche, im 17. Monat keine Klausuren mehr, schrittweise Rückführung der Arbeitszeit auf 4 Stunden täglich |
Sport (sehr wichtig!), Entspannung, Freizeit, aber keine nächtlichen Ausschweifungen
Positive Gesamteinstellung, Sie haben präzise gelernt und brauchen sich nichts vorzuwerfen |