Jessup Team 2019/2020
Der Fall
The Case Concerning the Helian Hyacinth
Der Fall des Jessup Moot Court 2019/2020 beschäftigte sich mit Fragen aus den folgenden Themengebieten:
- Legal issues surrounding treaty succession
- Fully autonomous weapons systems
- Government ministers accused of war crimes
- The potentially conflicting jurisdiction of the ICJ and the WTO
Das Team
Erfahrungs- und Erfolgsbericht
v.l.n.r.: Ana Schumacher (Coach), Ariella Besi, Sophia Sorg (Coach), Lara Bruchhausen, Lorcán Hyde (Coach), Yara von Baeckmann, Vincent Ehrmann
Nach sechsmonatiger Vorbereitungszeit reiste das Team Anfang März zu den National Rounds, welche dieses Jahr von der Georg-August-Universität Göttingen ausgerichtet wurden. Das Team lieferte in den vier Vorrunden-Matches vor anspruchsvollen Richtern und gegen starke Gegner von der Georg-August-Universität Göttingen, der Leibniz Universität Hannover, der Freien Universität Berlin und der Bucerius Law School, dem späteren National Champion, eine hervorragende Leistung ab und zog in das Viertelfinale ein. Leider verpasste das Münchner Team nach einem starken Pleading gegen die Universität Passau knapp den Einzug in das Halbfinale. Die gute Leistung des Münchner Teams wurde jedoch durch zwei Preise für die Schriftsätze belohnt: den Preis für die besten Schrifsätze (1. Platz) und den Preis für den besten Klägerschriftsatz. Insbesondere zeichnete sich das Team auch durch eine beachtliche Gesamtleistung aus: alle Redner erreichten in den Vorrunden über 90 Punkte und damit konnte das Team in der Gesamtwertung Platz 5 unter den 17 teilnehmenden Teams erreichen.
Auch auf internationaler Ebene hat das LMU-Team hervorragend abgeschnitten. Zwar fielen die International Rounds in Washington D.C. dieses Jahr aufgrund der Corona-Situation aus, doch die Preise für die besten Schriftsätze wurden trotzdem vergeben. Die LMU gewann zum 2. Mal in ihrer Geschichte den Hardy C. Dillard Award (4. Platz) und konnte sich damit mit ihren Schriftsätzen gegen weltweit über 700 teilnehmende Universitäten durchsetzen.
Das Münchner Team bedankt sich ganz herzlich bei allen Unterstützern und Sponsoren, namentlich bei der Kanzlei Jones Day, der Kanzlei Seven Summits Arbitration, dem Alumniverein der Juristischen Fakultät und dem Alumniverein des Lehrstuhls für Völkerrecht!
Das Team stellt sich vor
v.l.n.r.: Ariella Besi, Vincent Ehrmann, Yara von Baeckmann, Lara Bruchhausen
Ariella Besi
Die Entscheidung, mich für den Jessup zu bewerben, entstammte meiner festen Überzeugung, dass ein angehender Jurist mehr als ein sturer Regelanwender sein sollte. Die Möglichkeit, mal meine Kreativität einzusetzen und eigene Argumentationsketten zu entwickeln, schien zu Beginn des Studiums weit entfernt. Ich wollte generell mal über das normale Maß hinaus gehen und mich für ein Projekt bewusst anstrengen. Dazu eignete sich der Jessup Moot Court am besten!
Völkerrecht kennt nur in Ausnahmefällen klar formulierte und generell anerkannte Regeln - bei einem Jessup-Fall sind solche Regeln entweder nicht anwendbar oder uninteressant für das Anliegen des vertretenen Staates. Hingegen ist es meistens geboten Staatenpraxis zu “entschlüsseln” und damit die jeweils zusammenhängenden kulturellen Hintergründe, die politische Motivation und den historischen Kontext immer miteinzubeziehen; und dies für jede einzelne Behauptung, eine Aussage sei rechtlich verbindlich.
Selbst nach gelungener Recherche und Erstellung einer Regel, ging es nicht mehr allein darum, diese direkt auf den Sachverhalt anzuwenden. Man musste diese strategisch ausformulieren, weit genug um die eigene Perspektive zu erfassen, eng genug um die Perspektive der Gegenseite auszuschließen. Danach blieb es noch unerlässlich, die logischen Konsequenzen dieser Behauptung anhand von zahlreichen Hypotheticals durchzugehen und somit das Argument insgesamt auf Stichhaltigkeit zu prüfen. Oft herrschte beim letzteren Schritt absoluter Wahnsinn im Mootie-Raum, trotzdem war die gemeinsame Erarbeitung einer Lösung stets spannend, herausfordernd und durchaus bereichernd!
Die gesamte Erfahrung wäre nicht halbwegs so stark gewesen ohne großen Zusammenhalt im Team. So unterschiedlich wir doch sind, so gut haben wir uns immer ergänzt und die Besonderheiten jedes Einzelnen begrüßt. Wir haben gemeinsam an unseren Stärken und Schwächen gearbeitet, wofür ich auch persönlich äußerst dankbar bin! Es war eine Ehre, mit euch zu arbeiten!
Lara Bruchhausen
Genauestes wissenschaftliches Arbeiten und Recherche, lange Nächte in der Bibliothek, und stundenlange Debatten mit meinen Teammitgliedern über die Erhebung von Zöllen auf wertvolle Hyazinthen, ein vollautonomes Waffensystem oder die Festnahme einer Außenministerin - dadurch zeichnete sich die Schriftsatzphase, die am Anfang der Teilnahme beim Philip C. Jessup Moot Court steht, aus. Nachdem man sich schnell in das Rechtsgebiet des Völkerrechts einarbeiten muss, geht es daran, in die Welt eines internationalen Staatenvertreters einzutauchen. Durch zahlreiche Probepleadings, Kanzleibesuche und individuelle Coaching Sessions werden aus unerfahrenen Studenten plötzlich souveräne Counsel vor dem IGH, die in durchdachter Weise Argumente vorbringen und Rechtspositionen vertreten, die nicht immer der eigenen Sichtweise entsprechen. Die Moot Court Erfahrung wird abgerundet mit den 'National Rounds', in denen man die Gelegenheit bekommt, sich mit Teilnehmenden anderer Universitäten auszutauschen und natürlich auch, sich mit diesen in spannenden Verhandlungen vor hochqualifizierten Juristen zu messen.
Auch wenn es sich manchmal so anhören mag, geht es beim Jessup nicht nur um das Akademische. Ein halbes Jahr lang habe ich fast jeden Tag mit einzigartigen Teammitgliedern verbracht, die das Arbeiten zu Spaß gemacht haben und mit denen ich gemeinsam jegliche Herausforderungen angehen konnte. Insgesamt habe ich als 'Mootie' also nicht nur wertvolle Fähigkeiten im juristischen Arbeiten und Argumentieren, Auftreten und Rhetorik gewonnen, die das 'normale' Jura-Studium nicht lehrt, sondern auch echte Freundschaften geschlossen und großes Interesse am Recht internationaler Beziehungen entwickelt.
Vincent Ehrmann
Der Hauptgrund, am Jessup Moot Court teilzunehmen, war die Perspektive, praktisch arbeiten zu können und eine Abwechslung vom deutschen Recht zu erleben. Während der Schulzeit habe ich bereits ein Jahr in England verbracht und durch die Teilnahme gehofft, mein bis dahin brüchiges legal English zu verbessern. Da das deutsche Studiensystem doch recht theorieaffin ist, schien dies mir zusätzlich die beste Möglichkeit, rhetorisches Handwerk und wissenschaftliches Arbeiten mit Praxisbezügen zu lernen. Die Thematik des Völkerrechts kannte ich bis dato nur aus der politischen Perspektive, daher war ich interessiert daran zu erfahren, wie die Beziehung zwischen Staaten auf der rechtlichen Ebene aussieht.
Zu Beginn stand die Schriftsatzphase an, welche sich für mich als die größte Herausforderung entpuppte, da ein Schriftsatz aus der Perspektive der Streitpartei auf Englisch sich von den bisher bekannten Gutachten gewaltig unterschied. In der Pleading Phase durften wir uns 4- bis 5-mal pro Woche einer Richterbank stellen und unsere Plädoyers halten. Dabei konnte man seinen persönlichen Pleading Stil entwickeln, eine Erfahrung, die man sonst im Studium nicht erleben würde.
Neben den ganzen fachlichen Aspekten darf das Persönliche nicht fehlen. Über das Semester geht man mit dem Team durch Höhen und Tiefen, fachlich wie privat, was einen unglaublich zusammenschweißt. Die intensive Arbeit und gegenseitige Unterstützung, aber auch die erhitzen Diskussionen, sind die Momente, die den Jessup auszeichnen und mich persönlich am meisten bereichert haben.
Yara von Baeckmann
Die Entscheidung, am Jessup teilzunehmen, kostete mich einige Wochen an Überlegung. Wollte ich wirklich ein ganzes Semester meines Studiums für ein einziges Projekt opfern? Später sollte mir klar werden, dass dieses Semester alles andere als geopfert war, zu diesem Zeitpunkt allerdings bedurfte die Bewerbung einiger Überwindung. Doch es hat sich mehr als gelohnt. Der Jessup ist unzweifelhaft eine intensive Erfahrung, emotional, psychisch, aber auch in didaktischer Hinsicht. Abgesehen von dem Fakt, dass man sich ganz nebenbei die Grundlagen des Völkerrechts aneignet, sieht man sich mit den umstrittensten aktuellen (und ungelösten) Problemen des internationalen Rechts konfrontiert. Dabei sind die Fälle so aufgebaut, dass jeder der Teilnehmer bei einem Streitgegenstand die bessere, bei einem zweiten Streitgegenstand die schlechtere Position vertreten muss. Auf diese Weise lernt man nicht nur, gnadenlos bessere Argumente auszunutzen, sondern auch geschickt Unsicherheiten und weniger schlüssige Aussagen zu kaschieren. Es ist ein langer Prozess bis aus Unwissenheit, Verwirrung und einzelnen Ideen richtige Argumente geworden sind. Glücklicherweise muss man diesen Weg nicht alleine beschreiten, sondern wird vom ganzen Team mit Kritik, Lob und Vorschlägen unterstützt. Dabei hatte ich das Glück, nicht nur mit drei blitzgescheiten und hoch motivierten Team-Kameraden über diese Argumente sprechen zu können, sondern in ihnen auch drei sehr gute Freunde zu finden. Rundum war der Jessup eine fantastische Erfahrung, die ich nur dringendst empfehlen kann.
(c) Anna Pfister (Teamfotos)